Elternzeit: Vorteile erkennen, Umsetzung erleichtern

Elternzeit aktiv unterstützen heißt, Zukunft zu gestalten. Warum eine familienfreundliche Kultur heute über Arbeitgeberattraktivität entscheidet und wie Führungskräfte Mütter und Väter besser begleiten können.

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Elternzeit aktiv unterstützen heißt, Zukunft zu gestalten. Warum eine familienfreundliche Kultur heute über Arbeitgeberattraktivität entscheidet und wie Führungskräfte Mütter und Väter besser begleiten können.

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Unsichtbare Hürden am Arbeitsplatz

Junge Fachkräfte erwarten heute, Beruf und Familie flexibel miteinander verbinden zu können. Unternehmen, die Elternzeit aktiv unterstützen, investieren in Mitarbeiter*innenbindung, Chancengleichheit und Zukunftsfähigkeit. Doch was heißt das konkret für die Begleitung von Elternzeit? Hier lohnt sich ein Blick auf die unterschiedliche Ausgangslage von Müttern und Vätern.

Mütter in Elternzeit: Herausforderung Wiedereinstieg

Dass viele Mütter nach der Geburt in Elternzeit gehen, ist gesellschaftlich akzeptiert. Der Wiedereinstieg dagegen stellt häufig eine große Herausforderung dar: Nach der Elternzeit kämpfen viele junge Mütter mit Vorurteilen gegenüber Teilzeitkräften und der fehlenden Flexibilität ihres Unternehmens. Damit haben sie es schwerer, Karriere zu machen.

Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten im Jahr 2023 67 % der Mütter mit mind. 1 Kind unter 18 Jahren in Deutschland in Teilzeit. Im Vergleich dazu waren nur 9 % der Väter in Teilzeit beschäftigt. Bei Eltern mit Kindern unter 6 Jahren zeigt sich ein ähnliches Bild: 73 % der erwerbstätigen Mütter arbeiteten in Teilzeit, während 91,4 % der Väter in Vollzeit tätig waren.

Es gibt viele gut ausgebildete weibliche Fachkräfte, die gerne mehr arbeiten würden, wenn sie denn könnten. Es lohnt sich also nicht nur im Hinblick auf den Fachkräftemangel, wenn Unternehmen den Wiedereinstieg von Müttern aktiv unterstützen. Das geht durch flexible Arbeitszeitmodelle, individuelle Entwicklungsperspektiven und eine Unternehmenskultur, die Teilzeitarbeit nicht als Karrierehindernis betrachtet.​

Väter in Elternzeit: Trauen Sie sich!

Noch immer nehmen die meisten Väter in Deutschland höchstens 2 Monate Elternzeit – wenn überhaupt. Laut Statistischem Bundesamt entschieden sich im Jahr 2023 nur 1,6 % aller Väter mit Kindern unter 6 Jahren überhaupt dazu, in Elternzeit zu gehen. Was sie davon abhält? Unausgesprochene Erwartungen am Arbeitsplatz, finanzielle Sorgen und tief verankerte Rollenbilder.

Auch wenn sich das Bild von Männlichkeit wandelt, wirkt das klassische Rollenmodell noch nach: Der Vater versorgt, die Mutter umsorgt. Die meisten Männer nehmen parallel zu ihrer Partnerin Elternzeit. Das soll die junge Mutter im Alltag entlasten. Das klappt je nach Paar mal mehr, mal weniger gut. Der Grundstein dafür, eigenständige Betreuungsverantwortung zu übernehmen, wird in der kurzen Zeit jedoch meist nicht gelegt.

Viele Männer haben zudem Angst, nach längerer Elternzeit als unambitioniert zu gelten. Sie fürchten, Projekte zu verlieren, Beförderungen zu verpassen oder als weniger leistungsbereit, flexibel und belastbar eingestuft zu werden. Und diese Ängste sind nicht unbegründet, solange „Väterzeit“ in Unternehmen noch als Ausnahme statt als Selbstverständlichkeit gilt.

Obwohl Elterngeld gezahlt wird, ist der Lohnersatz nicht für alle Familien ohne Weiteres ausreichend. Vor allem, wenn der Vater der Hauptverdiener ist. Oft entscheiden Paare daher ganz „rational“: Der mit dem höheren Einkommen arbeitet weiter.

Genau hier können Unternehmen ansetzen – mit einer klaren Haltung und konkreten Maßnahmen zur Förderung der Familienfreundlichkeit.

Pronova BKK

Anspruch auf Elternzeit

Seit 2007 haben beide Elternteile Anspruch auf Elternzeit. Die Regeln auf einen Blick:

  • Väter und Mütter können direkt nach der Geburt je 3 Jahre am Stück Elternzeit nehmen.
  • Die gesamte Elternzeit kann aber auch in 3 Abschnitte aufgeteilt werden: 12 Monate müssen in den ersten 3 Lebensjahren des Kindes genommen werden. Zwischen dem 3. und 8. Geburtstag können die übrigen 24 Monate genommen werden.
  • Die Frist zur Beantragung der Elternzeit liegt 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit in den ersten 3 Lebensjahren des Kindes und 13 Wochen zwischen dem 3. und 8. Lebensjahr.
  • Arbeitgebende dürfen die Elternzeit in den ersten Lebensmonaten des Kindes nicht ablehnen. Das ist im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) festgelegt. Sie dürfen nur aus „dringend betrieblichen Gründen“ einer Elternzeit zwischen dem 3. und 8. Geburtstag widersprechen.
  • Arbeitnehmer*innen kann während der Elternzeit nicht gekündigt werden. Der Kündigungsschutz beginnt 8 Wochen vor dem geplanten Beginn der Elternzeit und endet mit dem letzten Tag der Elternzeit.

Warum es sich lohnt, Elternzeit aktiv zu unterstützen

Familienfreundliche Führung zahlt sich aus. Gerade junge Fachkräfte achten auf die Familienfreundlichkeit ihres Unternehmens. Für Mütter und Väter in spe ist die Elternzeit längst ein Kriterium bei der Jobwahl und ein Test für die Unternehmenskultur. Wer „Elternzeit? Natürlich!“ und „Flexibler Wiedereinstieg mit Karrierechancen? Aber sicher!“ signalisiert, sammelt Bonuspunkte in Sachen Arbeitgebendenattraktivität.

Wenn nicht nur Mütter, sondern auch Väter selbstverständlich Elternzeit nehmen, verändert das die Rollenbilder nachhaltig und treibt die Gleichstellung voran – in den Familien und in der Unternehmenskultur.

Wer Care-Arbeit unterstützt, bekommt engagierte, loyalere Mitarbeiter*innen zurück. Das senkt die Fluktuation und erhöht langfristig die Produktivität. Das zeigt unter anderem der „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit“ von 2023. Demnach wollen Väter in Unternehmen mit einer familienfreundlichen Kultur seltener den Arbeitsplatz wechseln.

Was Unternehmen konkret tun können

Führen Sie offene Gespräche zur Gestaltung von Elternzeit, idealerweise bevor Ihre Mitarbeiter*innen von sich aus auf Sie zukommen. Signalisieren Sie Unterstützung und bieten Sie aktiv Beratung und Infos an.

Stellen Sie Checklisten, Vorlagen und klare Abläufe für die Beantragung und Planung der Elternzeit bereit, z. B. zur Dauer oder zu Wünschen für die Rückkehr. Das reduziert Unsicherheiten und erleichtert die Abstimmung.

Benennen Sie außerdem eine feste Kontaktperson, an die sich Mitarbeitende bei Rückfragen oder Änderungen, wie Verlängerung oder Verkürzung der Elternzeit, wenden können.

Führungskräfte oder Kollegen, die selbst Elternzeit nehmen, oder Kolleginnen, die nach der Elternzeit in Teilzeit als Führungskraft zurückkommen, senden eine starke Botschaft: „Wir leben Familienfreundlichkeit!“ Sichtbare Vorbilder nehmen anderen die Angst und normalisieren das Thema.

Teilzeit während und nach der Elternzeit, längere Auszeiten mit Wiedereinstiegsgarantie, Homeoffice in der Eingewöhnungsphase, Teilzeit als Führungskraft – je mehr Optionen, desto eher trauen sich Mütter und Väter, sie zu nutzen.

Laden Sie Mitarbeiter*innen in Elternzeit zu Firmenfeiern, Team-Events oder Workshops ein. Oder zeigen Sie mit kleinen Gesten, etwa persönlichen Grüßen oder Geburtsgeschenken, Ihre Wertschätzung.

Ermöglichen Sie Müttern und Vätern auf freiwilliger Basis Zugang zu ihren E-Mails, damit sie immer up-to-date sind und Projekte mitverfolgen können, oder bieten Sie Fortbildungen an. Das ermöglicht es ihnen, nicht den Anschluss zu verlieren.

Führen Sie frühzeitig, etwa 3 Monate vor Ende der Elternzeit, Wiedereinstiegsgespräche, in denen Erwartungen und Wünsche geklärt werden. Die Gespräche bieten auch Raum, Arbeitszeiten und Aufgaben abzustimmen, flexible Lösungen wie Teilzeitmodelle, Homeoffice-Optionen oder ein abgestuftes Stundenmodell zu finden, und die persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters zu besprechen.

Aus den Absprachen lassen sich dann Wiedereinstiegspläne erstellen, die den Übergang in den Berufsalltag erleichtern. Manche Unternehmen stellen Rückkehrer*innen unterstützend Mentor*innen zur Seite.

Verankern Sie Elternzeit als selbstverständlichen Teil Ihrer Personalpolitik – etwa durch interne Kampagnen, Newsletter, Führungskräftetrainings oder Betriebsvereinbarungen. Enttabuisieren Sie das Thema in Meetings. Zeigen Sie Haltung und bleiben Sie verbindlich. Nur wenn die Unterstützung auf allen Ebenen spürbar ist, wird Elternzeit für Väter zur Normalität.

Leitfaden für eine väterorientierte Personalpolitik

Für noch mehr Infos und konkrete Tipps zur Umsetzung bietet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Unternehmen mit „Väter und Vereinbarkeit“ einen Leitfaden für eine väterorientierte Personalpolitik.

Mann mit Smartphone in der Hand lächelt in die Kamera
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