Gemeinsam für das Gesundheits­system der Zukunft

Politikbrief vom 20.07.2021: Die Corona-Pandemie beschäftigt uns alle nun schon mehr als ein Jahr. Es ist eine Zeit voller ungeahnter Herausforderungen für das Gesundheitssystem, die Politik, Wirtschaft und vor allem für jeden Einzelnen.

Politikbrief vom 20.07.2021: Die Corona-Pandemie beschäftigt uns alle nun schon mehr als ein Jahr. Es ist eine Zeit voller ungeahnter Herausforderungen für das Gesundheitssystem, die Politik, Wirtschaft und vor allem für jeden Einzelnen.

Lutz Kaiser

Aufgrund der steigenden Impfquote können wir vorsichtig optimistisch in die Zukunft schauen. Auf den ersten Blick konnte unser Gesundheitssystem mit der Pandemie umgehen und gute Lösungen finden. Auf den zweiten Blick offenbaren sich jedoch viele strukturelle und medizinische Defizite – Defizite, die dringend bewältigt werden müssen. Ein „Weiter so“ können wir uns nicht erlauben.

Die Gesundheitsversorgung muss nicht nur pandemiefest sein. Sie muss patientenorientiert gestaltet und zugleich sozialverträglich und finanzierbar sein. Das ist für uns kein Widerspruch, sondern vielmehr der einzige Weg, ein faires und zukunftsfähiges Gesundheitssystem voranzutreiben.

Lassen Sie uns gemeinsam Bilanz ziehen und die notwendigen Maßnahmen ableiten. Gemeinsam für das Gesundheitssystem der Zukunft. Wie kann das gelingen?

Mutige Reform­schritte für mehr Qualität in der Gesundheits­versorgung

  • Mit 1.900 Krankenhäusern weist Deutschland noch immer eine große Zahl von Krankenhäusern auf, die vor Ort möglicherweise Sicherheit transportiert – de facto allerdings nicht unbedingt für hohe Qualität steht. Diese gibt es in spezialisierten und hochqualifizierten Kliniken. Die zukünftigen Strukturen müssen sich enger am tatsächlichen Bedarf orientieren, um eine hochwertige Daseinsvorsorge zu sichern und überhaupt finanzieren zu können.
  • Die Krankenhausplanung benötigt eine grundlegende Reform. Der tatsächliche Bedarf an wohnortnaher Grundversorgung und spezialisierter Medizin sollte auf Bundesebene einheitlich definiert werden.
  • Mit dem Aufbau digital vernetzter, regionaler und überregionaler Versorgungsnetzwerke können wir die Anforderungen des demografischen Wandels und die Weiterentwicklungen in der Medizin adäquat abbilden: Multimorbide Patienten und mehr ambulante Behandlungen durch medizinischen Fortschritt.
  • Die große Klammer um diese Reformen muss eine Weiterentwicklung der Finanzierung sein. Das Vergütungssystem (DRG) muss nach Versorgungsstufen differenziert, neue Vergütungen für besondere Versorgungs- und Vorhaltekosten eingeführt werden. Vor allem sollte eine gemeinsame Vergütungsordnung Leistungen unabhängig von ambulanter oder stationärer Erbringung honorieren und die medizinisch sinnvollste Lösung mit Anreizen versehen.

Daten gemeinsam und sinnvoll nutzen

  • Sektoren medizinisch zu überbrücken ist der erste Schritt. Für eine wirkliche Überwindung der Sektorengrenzen müssen jetzt Datensilos aufgebrochen und miteinander vernetzt werden. Patienten sollten in einer gemeinsamen digitalen Welt mit Krankenkassen und Leistungserbringern zusammengebracht werden.
  • Nur wenn die digitale Gesundheitskompetenz gesteigert wird, erreichen wir eine wirklich patientenorientierte Versorgung. Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet mit der Zusammenfassung von Befunden, Medikationen und weiterer Gesundheitsinformationen bereits eine gute Grundlage als zentrales Instrument für die persönliche Gesundheit.
  • Gelingt es, eine hohe Akzeptanz der ePA zu schaffen, können wir damit die Möglichkeiten für Präventionsmaßnahmen und individuelle Gesundheitsleistungen weiter ausbauen. Grundlegend müssen digitale Wege überall dort Vorrang haben, wo sie dem Patienten besonders nutzen.

Prävention fördern: das Gesundheits­system und Patient*innen entlasten

  • Nicht nur infolge der Corona-Pandemie verändert sich die Lebens­ und Arbeitswelt der Menschen ständig. Alles bewegt sich immer schneller, räumlich unabhängiger und vermehrt im digitalen Raum. Das ist für viele Menschen körperlich und mental eine große Herausforderung. Hier sollte das Gesundheitssystem helfen – kann es aber bisher noch zu wenig.
  • Die Möglichkeiten mit Prävention unterstützend einzugreifen sind durch die schiere Komplexität und häufig nur analoger An-gebote kaum gegeben. Das Potenzial von Prävention und Gesundheitsförderung ist also bei weitem noch nicht gehoben. Unsere Versicherten sagen: Wir nutzen eure Angebote gern – sie müssen allerdings deutlich individueller sein, damit sie mir wirklich etwas bringen.
  • Die Konsequenz: Wir müssen Prävention neu denken. Sie muss einfach zugänglich, individuell zugeschnitten und digital vernetzt sein. Dazu müssen wir auch hier Sektoren überwinden und zusammenbringen und die ePA als zentrale Koordinationsplattform etablieren. Ganz im Sinne des Patienten – und schlussendlich auch unseres Gesundheitssystems. Denn: Mehr Prävention beugt hohen Kosten vor, die alle Akteure des Gesundheitssystems am Ende zu tragen haben.

Finanzierung auf neue Beine stellen

  • Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung laufen den Einnahmen immer schneller davon. Wenn wir jetzt nicht handeln, sind 2022 die Reserven der Kassen und des Gesundheitsfonds aufgebraucht. Grund dafür sind unter anderem die teuren Versorgungsgesetze der letzten Jahre.
  • Massive Beitragssatzsteigerungen für unsere Versicherten können wir nur durch einen angemessenen Bundeszuschuss vermeiden. Doch regelmäßige Querfinanzierungen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Es braucht strukturelle Reformen. Reformen, die der besseren und gezielten Versorgung der Patienten dienen.

Fairer Wettbewerb für mehr Qualität

  • Das Sozialgesetzbuch ist in Teilen über 40 Jahre alt und vor allem an der analogen, sektoralen Welt orientiert. Schnelle und digitale Wege sind darin nicht vorgesehen. Es muss neu geschrieben werden – mit dem Ziel, die Patienten­ und Nutzerinteressen zu stärken. Dazu gehört auch die Förderung eines fairen Wettbewerbs der Kassen zum Wohle der Patienten.
  • Elementare Grundsätze eines neuen Sozialgesetzbuches müssen daher ein freiheitliches, plurales Wahl­ und Wettbewerbssystem sein, das der Selbstverwaltung den Vorrang einräumt. Krankenkassen sollten in diesem System eine starke Position erhalten, damit sie einen fairen Wettbewerb um die besten Versorgungsangebote und -lösungen führen können.

Wie Sie sehen, gibt es aus unserer Sicht außerordentlich viel zu tun. Dabei werden eine reine Kostendämpfung und oberflächliche Maßnahmen nicht reichen. Zwingend notwendig sind innovative, tiefgreifende Strukturveränderungen, die sich stringent an medizinischer Qualität und Patientennutzen ausrichten. Dafür braucht es eine einheitliche Aufsicht die für Qualität und effiziente Mittelverwendung steht.

Wir müssen jetzt handeln, um das Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen. Ein Gesundheitssystem nach jetzigem Status quo wird in Zukunft nicht in der Lage sein, Versicherten zu helfen.

Lassen Sie uns unbedingt zu diesen längst überfälligen Strukturveränderungen sprechen. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam Lösungen für das Gesundheitssystem der Zukunft entwickeln können. Lesen Sie dazu auch das „gesundheitspolitische Aufgabenheft“ des Dachverbands der Betriebskrankenkassen, das Sie im Anhang finden. Für ein persönliches Gespräch zu diesen und weiteren Themen kommen Sie gerne direkt auf uns zu. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!

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