Wochenbett­depression: Die Krise nach der Geburt

Ein Auf und Ab der Gefühle ist typisch für die Zeit nach der Geburt. Das ist anstrengend, aber geht meist wieder vorbei. Wenn Traurigkeit und Überforderung nicht vergehen, kann es sich um eine Wochenbettdepression handeln.

Zum Inhalt springen

Ein Auf und Ab der Gefühle ist typisch für die Zeit nach der Geburt. Das ist anstrengend, aber geht meist wieder vorbei. Wenn Traurigkeit und Überforderung nicht vergehen, kann es sich um eine Wochenbettdepression handeln.

Zum Inhalt springen

Postpartale Depression: Definition

Dein Baby ist da. Jetzt bist du bestimmt richtig glücklich. Zumindest erwarten das alle um dich herum. Wenn du allerdings gerade gar kein Glück empfinden kannst, bist du nicht allein: Viele Mütter sind in der Zeit nach der Geburt niedergeschlagen oder sogar verzweifelt. Sie leiden unter einer postpartalen Depression, häufig Wochenbettdepression genannt. Das ist eine Depression, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorangegangenen Geburt steht. Sie kann mehrere Wochen bis Monate anhalten und noch bis zu 1 Jahr nach der Geburt auftreten. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann sie chronisch werden. Deshalb solltest du es auf jeden Fall ernst nehmen, wenn du nach der Entbindung anhaltend traurig und verzweifelt bist. Vertrau dich z. B. deiner Hebamme an. Sie weiß, was jetzt hilft.

Wenn du aktiv gegen die Erkrankung vorgehst, stehen die Chancen gut, dass es dir bald wieder besser geht und du dich den schönen Seiten des Elternseins widmen kannst. Wie lange die Heilung dauert, ist individuell verschieden und hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Manche verspüren schon nach wenigen Wochen eine Besserung, andere brauchen Monate, bis sie aus der Krise finden.

Wochenbettdepression: So äußert sie sich

Eine Wochenbettdepression kann in verschiedenen Schweregraden auftreten. Ihre Symptome gleichen denen einer Depression. Wenn du betroffen bist, fühlst du dich niedergeschlagen und kannst nur wenig bis keine Freude für deine neue Lebenssituation aufbringen. Deinem Kind gegenüber hast du widersprüchliche Gefühle, du verspürst keine Verbindung. Du hast den Eindruck, dass du dein Kind nicht richtig lieben kannst, und fühlst dich deshalb schuldig.

Manche Mütter sind von ihren Gefühlen so ausgebremst, dass sie ihre Kinder selbst nicht mehr ausreichend versorgen können. Oft ergeben sich daraus Stillprobleme. In schweren Fällen der Wochenbettdepression leiden auch die Kinder unter der Erkrankung der Mutter. Bei ihnen können Entwicklungsstörungen und Schlafprobleme auftreten. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann sie verhindern, dass sich eine vertrauensvolle, gesunde Beziehung zwischen Mutter und Kind entwickelt.

Die Symptome auf einen Blick

  • Du fühlst dich dauerhaft müde, erschöpft, und es fällt dir schwer, dich auf etwas zu konzentrieren.
  • Du kannst dich nicht motivieren. Auch nicht für Dinge, die dir früher Spaß gemacht haben.
  • Du empfindest tiefe Traurigkeit, Sinnlosigkeit, und weinst häufig.
  • Du verspürst eine innere Leere und empfindest eine Distanz sowie Schuldgefühle gegenüber deinem Kind.
  • Du fühlst dich permanent überfordert, hast Ängste und vielleicht Panikattacken.
  • In schweren Fällen der Depression denkst du darüber nach, dir selbst oder dem Kind etwas anzutun.

Wenn du dir unsicher bist, ob du an einer Depression leidest, hilft dir ein Selbsttest auf der Seite des Vereins Schatten und Licht bei der Einschätzung.

Information

Depression und Babyblues: 2 verschiedene Dinge

Im Gegensatz zur Wochenbettdepression ist der Babyblues übrigens keine Depression, sondern nur ein kurzzeitiges Stimmungstief. Es tritt häufig zwischen dem 3. und dem 5. Tag nach der Geburt bei einem Großteil der Frauen auf und vergeht dann wieder. Bleibt das Stimmungstief länger als 10 Tage, kann es sich um den Beginn einer Wochenbettdepression handeln.

Du bist nicht allein

Die postpartale Depression tritt innerhalb des 1. Jahres nach der Entbindung bei bis zu 15 % aller Mütter auf, so das Gesundheitsportal gesund.bund.de des Bundesministeriums für Gesundheit. Du kannst aber davon ausgehen, dass es noch mehr Betroffene gibt, die einfach nicht darüber sprechen. Sie nehmen sich selbst nicht ernst genug, fürchten sich vor den Reaktionen aus dem Umfeld oder glauben, dass sie sowieso niemand versteht. Hinzu kommt der Druck von außen, dass Mütter unendliches Glück empfinden müssen. Deshalb gehört die postpartale Depression immer noch zu den Tabuthemen. Dabei ist sie eine ernst zu nehmende Erkrankung, die sich in der Regel schnell bessert, wenn sie behandelt wird. Such dir also Hilfe und mach dir keine Vorwürfe, wenn du nach der Geburt nicht so freudig bist, wie alle es erwarten. Du hast Unglaubliches geleistet, und dein Leben ist vollkommen auf den Kopf gestellt. Jetzt brauchst du Unterstützung.

Sonderfall: Die postpartale Psychose

Die postpartale Psychose ist eine besonders schwere Form der Wochenbettdepression. An ihr erkranken aber laut der Deutschen Depressionshilfe nur 1-2 von 1.000 Frauen nach der Geburt ihres Kindes. Sie tritt in der Regel in den ersten 4 Wochen nach der Entbindung auf und geht mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen einher. Es besteht eine erhöhte Gefahr für Leib und Leben von Mutter und Kind. Daher wird die Psychose meist in einer Klinik behandelt.

Ursachen der Wochen­bett­depression

Ein Kind zu bekommen, ist körperlich und mental eine riesige Herausforderung und krempelt dein ganzes Leben um. Es hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, ob du dich gut in der neuen Lebensphase orientieren kannst oder ob du es als schwierig empfindest. Bei der Entwicklung einer Wochenbettdepression spielen die Gene und hormonelle Veränderungen eine große Rolle. Außerdem kommen psychische und soziale Faktoren zum Tragen: Wie ist der Umgang mit der Stresssituation und dem Schlafentzug? Kannst du dich auf die Partnerschaft verlassen? Wie ist deine berufliche und finanzielle Lage? All diese Bedingungen beeinflussen dein Risiko für eine postpartale Depression.

Die Risikofaktoren für eine Wochenbettdepression:

  • Frühere Fehlgeburten
  • Psychische Vorerkrankungen
  • Ein schwieriger Verlauf der Schwangerschaft
  • Eine traumatische Geburt
  • Überhöhte Erwartungen
  • Fehlende Unterstützung in der Partnerschaft
  • Gesellschaftlicher Druck

Auch Väter können erkranken

Was viele nicht wissen: Eine Depression nach der Geburt trifft auch Väter, die sich von der neuen Lebenssituation überfordert fühlen. Laut einer Studie von 2020 erkranken fast 10 % der frisch gebackenen Papas an einer postpartalen Depression. Die Dunkelziffer ist weit höher, denn vielen Männern fällt es schwer, darüber zu sprechen. Dass der Testosteronspiegel bei Vätern nach der Geburt abfällt, gilt als mögliche Ursache für eine Depression. Außerdem verstärken psychische Vorerkrankungen das Risiko.

Vorbeugen kann helfen

Wenn bei dir schon vor der Schwangerschaft depressive Verstimmungen oder Depressionen aufgetreten sind, besitzt du ein erhöhtes Risiko für eine postpartale Depression. Dann kannst du schon in der Schwangerschaft aktiv werden, um vorzubeugen.

  • Informier deine Gynäkologin oder deinen Gynäkologen sowie deine Hebamme über deine Vorerkrankung.
  • Mach dir konkrete Gedanken über das Leben nach der Geburt: Wer könnte euch unterstützen und z. B. mit Essen versorgen oder Wäsche waschen? Welche Aufgaben kannst du guten Gewissens auslagern?
  • Nimm Hilfsangebote aus der Familie oder dem Freundeskreis an. Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn ihr euch unterstützen lasst.
  • Plan nach der Geburt nichts Größeres. Also keine Umzüge, Partys etc.
  • Bereite Familienangehörige und Freund*innen darauf vor, dass du in der ersten Zeit Ruhe brauchst. Besuche können auch später noch stattfinden.

Wege aus der Krise

Was aber, wenn du schon mittendrin steckst in einer großen Krise? Mach dir klar, dass es niemandem nützt, wenn du deine Gefühle für dich behältst. Im Gegenteil, nur wenn du dich öffnest, kommst du aus der belastenden Situation heraus. Hier ein Überblick über die Maßnahmen, die bei einer Wochenbettdepression helfen:

Sprich mit den Fachleuten und deiner Hebamme. Sie ist 1. Ansprechperson, wenn du an dir Anzeichen einer Depression wahrnimmst. Sie kennt sich aus und kann dich beraten.

Der Verein Schatten und Licht sowie die Frühen Hilfen, eine Initiative der Bundesregierung, informieren auf ihren Seiten über die Erkrankung, Selbsthilfegruppen und Telefonseelsorge für Eltern.

Damit verringern sich die Beschwerden relativ schnell. Du bekommst wieder Energie, um den Alltag zu meistern. Du kannst sogar trotz Medikamenten weiter stillen.

Sie hilft dir dabei, dich auf die neue Situation einzustellen und eine gute Mutter-Kind-Beziehung aufzubauen. Auch dein Partner oder deine Partnerin werden einbezogen, um mögliche Konflikte zu lösen und zu besprechen, wie du entlastet werden kannst.

Wenn die Unterstützung z. B. durch Familienangehörige fehlt, kann sie zu deiner Entlastung beitragen.

Hier kannst du dich mit anderen, die in einer ähnlichen Situation sind, austauschen und dir Rat holen. Zusammen könnt ihr Bewältigungsstrategien für Stresssituationen und Konflikte besprechen und einüben. Zudem erhältst du wertvolle Informationen zum Umgang mit dem Kind.

Wenn du an einer sehr schweren Depression leidest oder sogar eine Psychose entwickelst, ist ein Klinikaufenthalt notwendig. In manchen psychiatrischen Einrichtungen gibt es spezielle Mutter-Kind-Abteilungen. Sie nehmen dich gemeinsam mit deinem Kind auf.

Ein verständnisvolles Umfeld hilft

Fällt dir auf, dass eine frisch gebackene Mutter in deinem nahen Umfeld anhaltend niedergeschlagen und traurig wirkt? Dass sie sich nicht an ihrem Kind freuen kann? Dann schweig die Situation nicht tot, sondern sprich an, was du bemerkt hast. Das ebnet der betroffenen Person den Weg, über ihre Gefühle zu sprechen. Nur so kann Hilfe auf den Weg gebracht werden.

Eine besonders wichtige Stütze für Betroffene ist eine stabile, liebevolle Partnerschaft. Am besten unterstützt du deine Frau oder Freundin schon in der Schwangerschaft und tauschst dich auch über Ängste und Sorgen mit ihr aus. Wenn das Kind da ist, betreu es so oft es geht und halte der Mutter den Rücken frei, damit sie sich erholen kann.

Mentale Gesundheit

Kompass: Ambulante Hilfe bei psychischen Erkrankungen

Das Therapie- und Beratungsangebot Kompass bietet dir individuelle Hilfe bei psychischen Erkrankungen. Auch eine telefonische Beratung ist möglich, sogar in mehreren Sprachen.